Hannes Wader Der Rattenfänger Songtext
Hannes Wader Der Rattenfänger Songtext
Fast jeder weiß was in Hameln geschah, vor tausend und einem Jahr
Wie die Ratten dort hausten, die alles fraßen was nicht aus Eisen war
Zu dieser Zeit kam ich nach langer Fahrt als Spielmann in diese Stadt
Und ich hörte als erstes den Herold schreien, als ich den Markt betrat
Wer mit Gottes Hilfe oder allein die Stadt von den Ratten befreit
Für den lägen ab nun beim Magistrat hundert Taler in Gold bereit
Ich packte mein Bündel, die Flöte und Leier und klopfte ans Rathaustor
Kaum sah man mich schlug man die Tür wieder zu und legte den Riegel vor
Und ich hörte wie man den Herren sagte, es stünde ein Mann vor dem Tor
Zerrissen und stinkend in bunte Lumpen, mit einem Ring im Ohr
Dieser Mann nun ließe den Herren sagen, er käme von weit, weit her
Und er böte der Stadt seine Hilfe, weil er ein Rattenfänger wär
Ich wartete lange, dann rief eine Stimme durch die geschlossene Tür:
„Vernichte die Ratten und du bekommst die versprochenen Taler dafür!“
Und ich ging und blies in der Nacht die Flöte, immer nur einen einzigen Ton
Der so hoch war, dass nur die Ratten ihn hörten, und keine kam davon
Bis hinein in die Weser folgte mir bald die ganze quiekende Brut
Und an Morgen trieben dann hunderttausend Kadaver in der Flut
Als die Hamelner Bürger hörten, was alles geschehen war in der Nacht
Tanzten sie auf den Straßen, nur an mich hat keiner gedacht
Und als ich dann wieder vorm Rathaus stand und forderte meinen Lohn
Schlug man auch diesmal die Tür vor mir zu und erklärte mir voller Hohn
Nur der Teufel könne bei meiner Arbeit im Spiel gewesen sein
Deshalb sei es gerecht ich triebe bei ihm meine hundert Taler ein
Doch ich blieb und wartete Stunde um Stunde bis zum Abend vor jenem Haus
Aber die Ratsherren die drinnen saßen, trauten sich nicht heraus
Als es Nacht war kamen bewaffnete Kerle, ein dutzend oder mehr
Die schlugen mir ihre Spieße ins Kreuz und stießen mich vor sich her
Vor der Stadt hetzten sie ihre Hunde auf mich und die Bestien schonten mich nicht
Sie rissen mich um und pissten mir noch ins blutende Gesicht
Als der Mond schien flickte ich meine Lumpen, wusch meine Wunden im Fluss
Und weinte dabei vor Schwäche und Wut, bis der Schlaf mir die Augen schloss
Doch noch einmal ging ich zurück in die Stadt und hatte dabei einen Plan
Denn es war Sonntag, die Bürger traten eben zum Kirchgang an
Nur die Kinder und die Alten blieben an diesem Morgen allein
Und ich hoffte, die Kinder würden gerechter, als ihre Väter sein
Ich hatte vorher mein zerfleischtes Gesicht mir bunten Farbe bedeckt
Und mein Wams, damit man die Löcher nicht sah, mit Hahnenfedern besteckt
Und ich spielte und sang, bald kamen die Kinder zu mir von überall her
Hörten was ich sang mit Empörung und vergaßen es nie mehr
Und die Kinder beschlossen mir zu helfen und nicht mehr zuzusehen
Wo Unrecht geschieht, sondern immer gemeinsam dagegen anzugehen
Und die Hamelner Kinder hielten ihr Wort und bildeten ein Gericht
Zerrten die Bosheit und die Lügen ihrer Väter ans Licht
Und sie weckten damit in ihren Eltern Betroffenheit und Scham
Und weil er sich schämte, schlug manch ein Vater sein Kind fast krumm und lahm
Doch mit jeder Misshandlung wuchs der Mut der Kinder dieser Stadt
Und die hilflosen Bürger brachten die Sache vor den hohen Rat
Es geschah was heute noch immer geschieht, wo Ruhe mehr gilt als Recht
Denn wo die Herrschenden Ruhe wollen, geht's den Beherrschten schlecht
So beschloss man die Vertreibung einer ganzen Generation
In der Nacht desselben Tages begann die schmutzige Aktion
Gefesselt und geknebelt, von den eigenen Vätern bewacht
Hat man die Kinder von Hameln ganz heimlich aus der Stadt gebracht
Nun war wieder Ruhe in der Stadt Hameln, fast wie in einem Grab
Doch die Niedertracht blühte, die Ratsherren fassten eilig ein Schreiben ab
Das wurde der Stadtchronik beigefügt, mit dem Stempel des Landesherren
Und besagt, dass die Kinder vom Rattenfänger ermordet worden wär'n
Doch die Hamelner Kinder sind nicht tot, zerstreut in alle Welt
Haben auch sie wieder Kinder gezeugt, ihnen diese Geschichte erzählt
Denn auch heute noch setzen sich Menschen für die Rechte Schwächerer ein
Diese Menschen könnten wohl die Erben der Hamelner Kinder sein
Doch noch immer herrscht die Lüge über die Wahrheit in der Welt
Und solange die Gewalt und Angst die Macht in Händen hält
Solange kann ich nicht sterben, nicht ausruhen und nicht fliehen
Sondern muss als Spielmann und Rattenfänger immer weiter ziehen
Denn noch nehmen Menschen Unrecht als Naturgewalt in Kauf
Und ich hetze noch heute die Kinder dagegen immer wieder auf
Und ich hetze noch heute die Kinder dagegen immer wieder auf